Angst beim Hund ‐ Mythos Angst verstärken erklärt

Veröffentlicht von Petra Frey am


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Wie geht man mit ängstlichen Welpen oder Angsthunden um? Hier gibt es noch immer einen hartnäckigen Mythos, den ihr vielleicht auch schon gehört habt. Nämlich, man dürfe einem Hund der gerade Angst hat keine positive Zuwendung geben, also ihn nicht streicheln, nicht mit ihm kuscheln und ihm kein Leckerchen geben, weil man dadurch seine Angst verstärken würde. Was es mit diesem Mythos auf sich hat und warum der so nicht stimmt.

Angst beim Hund verstärken

Können Ängste verstärkt werden und stimmt es, dass man Angstwelpen oder Hunde die Angst haben nicht streicheln darf bzw. ihnen keine Zuwendung oder Leckerchen geben soll?

Zur Klärung dieser Frage, starten wir mit einem kleinen Gedankenexperiment, in dem wir selber uns in eine Situation begeben, in der wir möglicherweise Angst haben. Stellt euch einfach vor, ihr seid mit einer Person unterwegs die Angst vor Spinnen hat. Ihr trefft also auf eine Spinne und die Person äußert Angst. Wenn ihr nun in diesem Moment die ängstliche Person an der Hand haltet oder ihr ein Stück Schokolade anbietet, dann kann das im schlimmsten Fall dazu führen, dass sie sagt: „Nein danke, ich möchte jetzt nicht an der Hand gehalten werden“ oder „Ich will jetzt keine Schokolade“. Dass die Person durch meine Angebote aber noch mehr Angst bekommt, das wird vermutlich nicht passieren. Ähnlich wird das bei Hunden so auch nicht der Fall sein.

Angst beim Hund - Gedankenexperiment
In welchen Situationen habt ihr Angst? Was verschlimmert eure Angst dabei und was beruhigt euch?

Die Emotion Angst hat die Funktion uns vor Gefahren zu schützen. Wenn eine Situation gefährlich ist, muss der Körper auch dementsprechend agieren, damit man (bzw. in diesem Fall der Hund) überlebt.

Wenn euer Welpe aber Angst hat und ihm passiert etwas Angenehmes und Positives aus seiner Sicht, dann ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass er sich denkt: „Oh, da passiert so etwas Tolles, ich habe jetzt noch mehr Angst.“

Ängstlichen Hund beruhigen

Ihr müsst euch also grundsätzlich keine Sorgen machen: Wenn euer Hund in eine unangenehme Situation kommt, dann dürft ihr positive Maßnahmen treffen wenn er diese als angenehm empfindet.

Alles was dem Hund hilft und womit er sich besser fühlt ist erlaubt

Also wenn sich euer Hund z.B. in einer Situation befindet, in der er Angst hat und er will die Situation verlassen, dann lasst ihn weggehen! Wenn euer Hund zu euch kommt und bei euch Schutz und Streicheleinheiten sucht, dann lasst ihn zu euch kommen und streichelt ihn selbstverständlich! Wenn der Hund euch signalisiert, er will auf euren Arm, dann nehmt ihn auf den Arm!

Ihr könnt in einer Angstsituation auch gerne versuchen, eurem Hund Leckerchen oder eine Streichwursttube anzubieten. Nicht selten hilft das sogar immens, denn wenn der Hund ein bisschen Angst hat und er bekommt eine tolle Streichwursttube, dann kann das sogar dazu führen, dass er die Situation positiver verknüpft und lernt: „Hey, das hier ist ja gar nicht so schlimm, ich kriege dabei immer ein tolles Leckerchen.“

Angst beim Hund - Straßenbahn
Welpen und auch erwachsene Hunde können in bestimmten oder neuen Situationen ängstlich reagieren. Dieser Kerl hier sucht dann gerne Schutz bei mir und lässt sich durch Streicheleinheiten beruhigen, während die Straßenbahn einfährt.

Also wenn der Hund etwas als positiv empfindet, dann ist es erlaubt das zu machen!

Negativ empfundene Zuwendung kann beim Angsthund Angst verstärken

Ihr seht, wie ich sehr stark auf die subjektive Wahrnehmung des Hundes Wert lege. Wenn er es in einer Angstsituation nicht als angenehm empfindet, gestreichelt zu werden oder von euch hochgehoben zu werden, dann solltet ihr das natürlich nicht machen, denn dadurch könnte die Situation noch schlimmer für ihn werden. Wenn der Hund z.B. generell nicht hochgehoben werden will und er fühlt sich bereits schlecht in einer Situation und jetzt hebt ihr ihn auch noch hoch, dann könnte natürlich die Angst beim Hund dadurch schlimmer werden.

Ganz wichtig also: orientiert euch an eurem Hund und schaut, was ihm in dieser Situation hilft!

Angst beim Hund durch Zuwendung verstärken – ein Mythos

Den Mythos „Angst wird durch Zuwendung verstärkt“ kann man somit klar entkräften. Man darf einen Hund sehr wohl streichlen und im Futter oder sonstige Zuwendungen geben, vorausgesetzt sie sind dem Hund angenehm.

Angst beim Hund ernst nehmen und an der Situation arbeiten

Langfristig ist natürlich wichtig, dass ihr an der Angst beim Hund vor einer bestimmten Situation arbeitet. Führt euren Hund nicht so nah an die Situation heran, in denen er schon Angst empfindet, sondern führt ihn zunächst lieber aus der Situation, lernt diese aus Distanz gemeinsam noch einmal kennen. Nähert euch der Situation dann Schritt für Schritt. Das ist generell die sicherste Art und Weise, Welpen und Angsthunde an verschiedenste Situationen heranzuführen.

Angst vor anderen Hunden
Ist ein Welpe ängstlich mit anderen Hunden, setzt euch z.B. zu Beginn in einem Abstand bei dem er sich sicher fühlt in die Nähe einer Hundezone und führt ihn langsam an die Situation heran.

Falls ihr wirklich Angstprobleme mit eurem Hund oder Welpen habt, zögert im Zweifel nicht zu lange und sucht euch eine/n Hundetrainer/in. Denn gerade Ängste beim Welpen sind ernst zu nehmen und sollten so schnell wie möglich gelöst werden! Sonst kann euer Hund in weiterer Folge schnell ernste Verhaltensprobleme entwickeln.